Presseartikel über Graffitiprojekt für Jugendfernsehsender Tele 5 von der m.a.c. Art, Wizz, und Zico (Siko Ortner)

 

Der nachfolgend aufgeführte Presseartikel wurde veröffentlicht im Hamburger Abendblatt 14 Januar 1989.

 

Ein Zeitungsbericht über Graffitiprojekt für Jugendfernsehsender Tele 5 Hamburg von der m.a.c. Art, Wizz, und Zico (Siko Ortner).

 

Der rechtsstehende Text wurde mittels ocr-Texterkennung eingescannt.

 

 

Originalartikel zur Ansicht

 

Doku Graffitiprojekt Tele 5

Graffiti-Künstler "verzierten" eine Tor-Durchfahrt - im Auftrag eines Fernsehsenders

 

Die Polizei kam, sah und fuhr wieder davon...

 

Es ist nicht einfach ein gesetzestreuer Sprüher zu werden.

In einer Tordurchfahrt an der Straße Kleiner Kielort in Eimsbüttel standen drei "Graffiti-Künstler" und verzierten eine Mauer mit einem ihrer eigenwilligen Gemälde. Da stoppte ein Streifenwagen, die Beamten stiegen aus und wollten die drei gleich mitnehmen - drei "Schmierer" inflagranti ertappt, ein guter Fang.

 

Doch das Gewissen der jungen Männer war so rein, wie es die Wand vor "Sprühbeginn" gewesen war. Sie arbeiteten diesmal auf einer freigegebenen Fläche, im Auftrag, unter behördlicher Aufsicht und außerdem fürs Fernsehen.

 

 

Bildunterschrift:

Beim Fernsehsender Tele 5 konnten die drei Sprayer mit den "Tag"- Namen Art, Zico und Wizz (von links) mit ruhigem Gewissen eine Wand verzieren. In Hamburg sind einige - vor allem in Schulen und Jugendzentren - fürs legale sprühen freigegeben.

 

Nach dem Bericht im Abendblatt über die Sprüher-Scene und die "Sonderkommission (Soko) Graffiti" der Bahnpolizei hatte der Fernsehsender Tele 5 die Durchfahrt zu seinem Hamburger Studio freigegeben. So sollte sprühender Kreativität ein Ventil geöffnet werden und zugleich eine Sendung über Graffiti entstehen.

 

"Hamburgs oberster "Graffiti-Fahnder", Soko-Chef Bodo Claußen persönlich, hatte die drei Sprayer an Tele 5 vermittelt und stellte sich den Kameras zu einem gemeinsamen Interview.

 

 

"Zwei von denen haben wir ohnehin schon erwischt", sagt er, "nur der dritte war bisher clever genug, um rechtzeitig wegzulaufen."

 

Auf einen wartet eine Schadenersatzforderung von 1500 Mark wegen einer "verzierten Brücke, auf den anderen eine Forderung von etwa 2800 Mark für die Beseitigung seines "Tags" in der S-Bahn. Ein "Tag" ist die oft kunstvolle Signatur des Sprayers, die er meist mit dem Filzstift aufbringt.

 

Die Beseitigung der Graffiti-Schäden an S-Bahn-Zügen kostete die Bundesbahn im vergangenen Jahr immerhin eine Million Mark.

 

Sechs Stunden sprühten die drei jungen Mäner und verbrauchten dabei etwa 40 Dosen mit etlichen Farben. Für das fertige Bild gab es ein großes Lob von Claußen: "Das ist wirklich gut geworden."

 

 

Mit hintersinnigem Humor brachten die drei Künstler das Besondere dieser "Auftragsarbeit" zum Ausdruck: an der Wand prangt das Bild eines Sprühers mit dem typischen Sprüher-Cap (Baseballmütze) auf dem Kopf und einer Dose in der Hand. Daneben steht eine Sprechblase mit den Worten "This Graffiti is not a..." und als letztes Wort des Satzes in großen bizarren Buchstaben: "...crime" - "Dieses Graffiti ist kein Verbrechen." Das konnten die Polizeibeamten nicht wissen.

 

Text: Kristian Stemmler Fotos: Ingo Röhrbein